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In Erinnerung an Dr. Otto Hürter
Dr. med. Otto Hürter, Mediziner, Theologe, Psychoanalytiker, Trainer für Gruppendynamik und Organisationsberater ist am 17.November 2021 im Alter von 94 Jahren gestorben.
Wir trauern mit seiner Frau und unserer Kollegin Elisabeth Hürter, seinen Kindern Tobias und Julia und den acht Enkeln.
Die Gruppendynamik der DGGO und die Supervision der DGSv ist ohne Otto Hürter nicht recht vorstellbar. Für viele, die dort ausgebildet und tätig wurden, war er ein Lehrer, ein Kollege, ein Begleiter, ein Gegenüber und Freund.
Geboren 1927 in Bonn als drittes von acht Kindern einer Kaufmannsfamilie, war er 1943/44 noch vor dem Abitur Luftwaffenhelfer und beim Reicharbeitsdienst. Nach dem Abitur studierte er in Münster/W. Medizin und war danach als praktischer Arzt tätig.
1956 hat er einen ersten beruflichen Identitätswandel vollzogen. Er begann Theologie zu studieren und war anschließend als wissenschaftlicher Assistent für Moraltheologie an der Universität München tätig.
Im Jahr 1961 wurde er zum katholischen Priester geweiht. Neben seiner Tätigkeit an der Universität und in der Seelsorge absolvierte er eine Ausbildung zum Psychoanalytiker. Otto praktizierte sein Leben lang als Psychoanalytiker in seiner psychotherapeutischen Praxis. Seinen letzten Patienten, den er über Jahrzehnte begleitet hatte, verabschiedete er vor drei Jahren.
Ein Forschungsstipendium führte ihn in die USA an das Institut for Social Research der Universität of Michigan zu Kenneth D. Benne, Herbert A. Shepard, Ronald Lippit und anderen, die die T-Group Laboratory Method, wie sie im Kreis um Kurt Lewin entdeckt und entwickelt wurde, fortführten. Diese Erfahrungen wurden zur Grundlage einer langen und wirkungsvollen Tätigkeit als Trainer für Gruppendynamik, für seine Arbeit als Balintgruppenleiter, als Supervisor in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Sektoren.
Otto Hürter war 1968 Gründungsmitglied der Sektion Gruppendynamik im DAGG, sein Trainerzertifikat trägt die Nummer 5. Dem DAGG ist er bis zuletzt treu geblieben. Lange Jahre war er der stellvertretende Vorsitzende dieser Vereinigung. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Trainer lernte er seine Frau Elisabeth kennen, sie heirateten 1972 und teilten ihr Leben bis zu seinem Tod. Ihre Kinder Tobias und Julia kamen 1972 und 1973 zur Welt, Sie blieben immer mit ihren Eltern verbunden und bereiteten ihnen nicht zuletzt mit der ganzen Schar an Enkeln und Enkelinnen eine große Freude.
Otto Hürter wollte den Dingen auf den Grund und den Problemen an die Wurzel gehen. So kann man seine umfassende Ausbildung verstehen, die ihn qualifiziert hat, den Menschen als Leib-, Seele und Sozialnatur mit seinen Fragen und Problemen zu verstehen und ihm Hilfe anzubieten. Er half dabei, die eigenen Kräfte der Selbstheilung und der Selbstorganisation zu finden.
Wenn man Therapie und Beratung von Einzelnen, Gruppen und Organisationen nicht als Eingriffe von außen und von oben herab versteht, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe, dann war die Lehre und Praxis von Otto Hürter ein lebendiges Beispiel dafür. Viele seiner Interventionen in diesen verschiedenen Kontexten waren wohl deshalb wirksam, weil sie sich, wie er selbst es ausdrückte, durch „rationale Schärfe und emotionale Kontur“ auszeichneten. Er konnte sehr klare und kluge auch konfrontierende Worte sprechen, die in seine Bereitschaft zur Klärung, zur Auseinandersetzung, zur Verständigung eingebettet waren, engagiert und distanziert zugleich.
Er verfügte über das notwendige „Fingerspitzengefühl“, angesiedelt zwischen Kopf und Bauch, wie er das genannt hat. Er konnte sich und anderen den Raum für Ambivalenzen gönnen. Wer zu schnell auf eindeutige Lösungen, Meinung und Entscheidungen zusteuerte, der wurde von ihm gern an die andere Seite, an das Nicht-Gefühlte, -Gedachte und -Getane erinnert.
Dass er dabei manchen vorschnellen Frieden störte und verhinderte, das machte ihm nicht nur nichts aus, es belebte und amüsierte ihn. Über Witze konnte er herzlich lachen, manche Tünnes un Schel Geschichte aus seiner Heimat brachte er nicht zu Ende, weil er vorher schon selber kichern musste.
Otto Hürter hat keine eigene theoretische oder methodische Schule der Beratung oder des Trainings gegründet, eine Schule, der man folgen und angehören musste. Otto war ein engagierter Lehrer und ein ebenso kluger wie humorvoller Begleiter.
In vielen Graduierten-, Postgraduierten- und Weiterbildungsprojekten für Erwachsenenbildung Gruppendynamik/Gruppenleitung und Supervision den Teilnehmern und Teilnehmerinnen geholfen, ihre berufliche Rolle und Identität zu entwickeln. Mit seiner Unterstützung und seinem Zutrauen konnte man es wagen, einen eigenen Weg einzuschlagen.
So hat Otto Hürter neben vielen anderen Initiativen 1994 in München „Gruppendynamik und Selbstorganisation“ (GUS München) mitgegründet und dort eine gruppendynamische Weiterbildung und einzelne Trainings angeboten. GUS München schloss sich 2004 mit TOPS Berlin e.V. zum TOPS München Berlin eV. zusammen, in dem Otto bis 2011 aktives Mitglied war.
Otto Hürter war ein treuer Mensch, einmal eingegangene Beziehungen hat er gehalten und gepflegt, man konnte sich auf ihn verlassen. Das gilt den Menschen gegenüber, mit denen er privat und beruflich zu tun hatte.
Ebenso beharrlich und treu hat er sich mit seinen Überzeugungen als Arzt und Therapeut, als gläubiger, religiöser und politischer Mensch, als Berater und Trainer auseinandergesetzt. Er ist nicht stehen geblieben auch mit über 90 Jahren nicht. Daran konnten ihn auch verschiedene körperliche Einschränkungen, die er ertragen musste, nicht hindern.
Man kann sich Otto nicht ohne seine Frau Elisabeth vorstellen. Neben ihrer eigenen beruflichen Karriere als gruppendynamische Trainerin, Supervisorin und jungianische Psychoanalytikerin, hat sie ihn unterstützt, ihm ein Gegenüber geboten, für ihn oft den passenden Rahmen geschaffen, für seine Sicherheit gesorgt und ihn bis zu seinem Tod begleitet.
Mögen wir uns noch lange und immer wieder an Otto Hürter erinnern und hoffen wir, dass uns sein Vertrauen in die Menschen und seine Zuversicht weiterhin begleiten.